Mittwoch, 24. April 2013

Milford Sound nach Te Anau


Zurückgelegte Kilometer: 97

Eine Nacht in der Natur ist sicherlich nicht für jeden Stadtmenschen eine Wunschvorstellung. Das Sonnenlicht verschwindet um kurz vor 18:00 Uhr, das einzige Toilettenhäuschen ist ein Abort, das nach ursprünglicher Natur riecht und wer mit Taschenlampe im Dunkeln seinen Weg sucht, dem leuchten funkelnde Augen aus dem Gebüsch entgegen. Auf der anderen Seite schlafen wir ja in einem Van, was immer noch komfortabler ist als ein Zelt. Außerdem war die Nacht zwar kühl, aber nicht so kalt wie erwartet. Und nicht zu vergessen ist der Moment, wenn man aus dem Auto steigt und die herrlich frische Morgenluft atmet, die Nebelschwaden über die Felder ziehen sieht und inmitten der Berge sein Müsli und Kaffee zu sich nimmt.

Nach dem Frühstück machen wir unseren ersten „Walk“ des Tages. Nur wenige Meter von unserer Schlafstatt entfernt, beginnt am Südende des Lake Gunns der „Lake Gunn Walk“. Das ist ein (natürlich) ausgeschilderter 45-minütiger Lehrpfad, der durch einen grünen Wald voller Moos und Farne führt, der auch in einer verzauberten Märchengeschichte vorkommen könnte. 


Wir lernen, dass wir zwischen Rotbuchen spazieren gehen, um genau zu sein zwischen Nothofagus Fusca. Nothofagus bedeutet laut Infoschild „falsche“ Buche, während der Fagus, die „echte“ Buche nur in der nördlichen Hemisphäre beheimatet ist. 


Die Rotbuchen gibt es bereits seit 100 Mio. Jahren und seit 40 Mio. Jahren, als sich die Landmasse Neuseelands von einem größeren Urkontinent löste, entwickelten sie sich isoliert von anderen Einflüssen. So wie eben auch der Rest der neuseeländischen Tier- und Pflanzenwelt. 


Der Lake Gunn Walk führt einen auch an den namensgebenden See. Alleine die Aussicht auf das in der Sonne glitzernde Wasser und die Berge lohnen den Spaziergang.


Vom Lake Gunn fahren wir zu unserer Hauptwanderung, die wir heute unternehmen wollen. Dafür geht es wieder ein Stück die Milford Road hinein zum „Divide“, den Pass über die Bergketten. Hier steht eine Schutzhütte, von der man zu drei verschiedenen mehrtätigen Wanderungen aufbrechen kann und von wo man sich nach der Rückkehr wieder mit dem Auto abholen kann. Es gibt aber auch zwei Tageswanderungen, die man entlang der Milford Road machen kann. Die eine liegt am Lake Marian und die andere startet hier. Unser Hike führt zum Key Summit. Das ist eine Bergspitze, von der sich Ausblicke auf drei verschiedene Täler eröffnen. Der Weg folgt dabei zunächst der Spur des mehrtätigen „Routeburn Tracks“, bevor er zum Key Summit abbiegt. Er ist 5km lang, überwindet eine Steigung von 400 Höhenmetern und soll 3 Stunden hin und zurück dauern.


Der gut ausgetretene Weg wurde vermutlich das erste Mal um 1500 von den Maori beschritten, die im Milford Sound auf der Suche nach Jade waren. Wir laufen zunächst durch Regenwald, der von Buchen, Flechten und Moosen dominiert wird. 


Mit den Höhenmetern verändert sich aber auch die Vegetation. Die Bäume werden kleiner und geduckter und die Sträucher übernehmen das Kommando. Als wir in die alpineren Regionen vorstoßen, bieten sich dann auch die ersten Aussichten auf die Bergformationen. 


Auf dem Key Summit gibt es einen alpinen Naturlehrpfad, von dem man die beste Aussicht auf die verschiedenen Täler hat und auch einen Blick auf den Lake Marian erhaschen kann. Die Reiseführer sprechen zu Recht von „traumhaften Aussichten“ und „panoramic views“.


Auf dem Weg nach unten fallen uns zum ersten Mal die vielen von Parkwächtern aufgestellten Fallen für die ins Land eingeführten Ratten und Possums auf. Trotz der Fotostopps schaffen wir es in der angegebenen Zeit wieder an unserem Van im Divide zu sein. Weil wir schon müde sind und der Tag ziemlich vorangeschritten ist, verabschieden wir uns schweren Herzens von Milford und fahren die Panorama-Straße ein letztes Mal zurück nach Te Anau. 


Bevor wir die Road verlassen, machen wir aber noch einen Halt am Standard-Stopp der Touristenbusse, an den „Mirror Lakes“. In den kleinen Seen, die man auch guten Gewissens als Teiche bezeichnen kann und die früher zum Flussbett des Eglinton River gehörten, kann man in windstillen Momenten die Spiegelung der Bergkulisse sehen. 


Die beste Zeit ist kurz nach Sonnenauf- und vor Sonnenuntergang, da das Wasser ganz still liegt.

Während die Sonne für uns untergeht, erreichen wir wieder Te Anau mit seinem blauen See. Wir machen noch ein paar Einkäufe im örtlichen Supermarkt, weil wir nicht wissen, ob morgen am nationalen Gedenktag „ANZAC Day“ die Geschäfte auf sein werden. Die Nacht verbringen wir im „Fiordland Great Views Holiday Park“, der für 36 $ einen schönen Blick auf den See und eine große und geräumige Küche bietet. Aber das Beste waren die vorhandenen Duschen, die wir gefühlt eine Ewigkeit nicht mehr hatten und sofort austesten mussten.


Fazit Tag 112:

Neuseeland ist Wanderland.

Was haben wir heute gelernt? Neuseelands Natur konnte sich Millionen von Jahre ungestört entwickeln. Die heimischen Vögel profitierten davon, dass sich keine Raubtiere auf den beiden Inseln befanden. Dieses Ökosystem wurde dann aber bereits mit den ersten Siedlern, den Maori, empfindlich gestört. Schon mit den ersten Siedlerkanus kamen Ratten ins Land, die Jungvögel und Vogeleier verspeisten. Spätestens mit den weißen Siedlern kamen auch andere Räuber, wie die nachtaktiven Possum, zu Deutsch Fuchskusu, die sich explosionsartig vermehrten und heute das Überleben vieler Tierarten gefährden. Aus diesem Grund finden nationale Kampagnen gegen diese Tierchen statt, die man lieber vom Auto überfahren auf der Straße liegen sieht als lebendig im Wald.


P.S. Für unsere beiden kleinsten Blog-Leser gibt es auf ausdrücklichen Wunsch hin noch ein weiteres Foto von der Bootsfahrt gestern auf dem Milford Sound:


1 Kommentar:

  1. Was in Neuseeland ein nachtaktives Possum, ist bei uns ein nachtaktiver Waschbär ( oder mehrere) mit nachtglühenden Augen und Frühlingsgefühlen....weiter gute Fahrt!

    AntwortenLöschen